Casper
08.-10.08.2014 – Photos Taubertal-Festival (Rothenburg o.d. Tauber)
Monday, August 11th, 201408.-10.08.2014 Taubertal-Festival (Rothenburg o.d. Tauber)
Saturday, August 9th, 2014Rothenburg ob der Tauber, Anfang August – Zeit fürs Taubertal-Festival! Dieses Jahr zum 19. Mal, und zum 9. Mal für mich (was, wie mir gerade auffällt, ein doppeltes Jubiläum im nächsten Jahr bedeutet, yay! 🙂 ).
Wie in den letzten Jahren schon oft geschrieben: Das Taubertal ist eines der schönsten Festivals Deutschlands. Dazu trägt vor allem die Lage bei; im Tal direkt unter der Stadt, mit wahnsinnig schöner Aussicht auf die bewaldeten Hänge, obendrüber die Burgmauer. Einfach wunderschön! Im Sommerwetter kann man im Biergarten mitten in der Tauber sitzen oder aber das Geschehen auf der Bühne vom Hang aus mitverfolgen – ganz gemütlich im Sitzen, und dennoch nah dran und mit bester Aussicht sowohl auf die Bühne als auch über das gesamte Publikum. Dazu eine bestens erprobte Infrastruktur, die zwar ein paar “Nervpunkte” beinhaltet (z.B. den engen Durchgang zwischen den Bühnen oder die Tatsache, dass alle Zuschauer erst einmal am Gelände vorbei müssen, bevor sie zum Einlass kommen), aber durchaus durchdacht und begründet ist und daher super funktioniert.
Im Gegensatz zu den letzten Jahren werde ich hier diesmal keinen Bericht à la “zuerst spielte Band 1 und sie waren soundso, dann war Band 2 dran und tat folgendes, und Band 3 habe ich verpasst” schreiben – einerseits ist das für mich stressig, da ich nach jeder zweiten Band ins Pressezelt hetzen und weiterschreiben muss, andererseits (und hauptsächlich!) ist das nicht wirklich spannend zu lesen. Stattdessen gibt es dieses Jahr (zumindest testweise) eine Art “Best of” des jeweiligen Tages. Das dauert dann zwar etwas länger, bis es online ist, ist aber hoffentlich interessanter zu lesen. 🙂
Also, los geht’s!
Freitag, 8. August: Wie viel Konfetti pro Tag ist eigentlich erlaubt?
Der Wetterbericht fürs Festivalwochenende war recht durchwachsen. Freitag schön, Samstag Gewitter, Sonntag wechselhaft. Oh je … bei den Subways ist das Gelände schon einmal abgesoffen, und die spielen am Samstag …
Für den Freitag stimmte die Prognose jedenfalls: strahlender Sonnenschein und auch abends noch angenehm warm! Ich war dieses Jahr etwas später an als sonst und schaffte es erst zur zweiten Band der Hauptbühne, SDP, aufs Gelände. Daher bin ich mir nicht ganz sicher, ob mich der Eindruck trügt, aber gefühlt war zu diesem Zeitpunkt schon SEHR viel mehr los als sonst am Freitagnachmittag! Der Hang war vollbesetzt, und vor der Bühne drängten sich die Massen. Was allerdings auch eine ganze Menge an Alkoholleichen mit sich führte – schon um 17 Uhr am Freitagnachmittag … Sicherlich lage die Menge an Leuten nicht nur am schönen Wetter (denn das kann man ja auch am Campingplatz genießen), sondern auch an SDP auf der Bühne. Beim Mini Rock spielten die Jungs als Headliner, das Taubertal durften sie mit eröffnen. Und das taten sie in bester Manier! Die Stimmung war genial, die Masse tobte, und sogar der Weihnachtsmann surfte über die Menschenmenge … (und war leider zu schnell für meinen Fotoapparat, menno).
A propos Fotoapparat: Vom Taubertal gibt es von mir nur Fotos mit der Kompaktkamera aus der Menge heraus (und die erst nach dem Festival). Einerseits sind dort für meinen Geschmack einfach viel zu viele Fotografen akkreditiert (beim Sportfreunde-Konzert stand ich am Hang und konnte den Graben während der ersten drei Lieder sehen – und das war ein Gedränge wie sonst nur in der ersten Reihe HINTER der Absperrung!), andererseits würde bei meiner Kamera und dem Abstand zwischen Graben und Hauptbühne sowieso nichts Brauchbares dabei rauskommen, und zuguterletzt ist es bei den Entfernungen zwischen den Bühnen einfach nicht machbar, sowohl zu knipsen als auch genug von den Konzerten mitzubekommen, um darüber schreiben zu können.
Aber zurück zu SDP – ich bin doch jedes Mal wieder erstaunt darüber, wie bekannt sie sind. Spätestens bei der Leiche sangen vor der Bühne alle lautstark mit, und getanzt wurde im strahlenden Sonnenschein sowieso. Und überall nur grinsende Gesichter, wunderbar! Lustig fand ich auch, wie später beim Sportfreunde Stiller-Konzert eine Gruppe neben mir bei “Wunderbare Jahre” durchgehend “wo war ich in der Nacht von Freitag auf Montag” sang. Passte perfekt, und ich hätte es genial gefunden, wenn sich das fortgesetzt hätte und plötzlich das ganze Publikum das falsche Lied gesungen hätte … 😉
Bleiben wir doch gleich bei den Sportfreunden. Die spielten wie ich fand ein tolles Konzert – ein guter Mix aus neu und alt, nett präsentiert, mit ordentlicher … na ja, Bühnenshow ist bei den dreien vielleicht übertrieben, aber mit imposantem Bühnenbild. Und Konfetti! 😉 Konfetti gab’s vorher auch schon bei SDP und mehrfach bei Biffy Clyro – ich fragte mich doch, wie viel Konfetti an einem Tag denn überhaupt erlaubt ist. 😉 Und vor allem am ersten Festival-Tag – das Zeug kriegt man doch nie wieder weg!
Zurück zum Thema. Wie gesagt ein schönes Konzert von den Sportfreunde Stiller, deren letztes Konzert beim Taubertal schon so lange her war, dass damals die Bühne noch auf der anderen Seite stand und ständig das Aggregat ausfiel, während sie auf der Bühne standen. Das müssten 2002 gewesen sein … Diesmal also als Headliner. Waren sie auch eine Headliner-Band? Hmm … da muss ich trotz aller Sympathien für die Sportis sagen: nein. Leider nicht. Es war ein schönes Konzert, die Stimmung war gut – aber da hab ich schon ganz anderes erlebt. Natürlich sind ihre Lieder recht bekannt (wobei der “wir sind mutterfickender Weltmeister”-Song wie immer in den letzten Jahren nur ganz kurz in “1. Wahl” angespielt wurde und große Hits wie “Wellenreiten” oder “Heimatlied” komplett fehlten) und kamen auch gut an, aber weiter hinten war deutlich weniger los als sonst oft beim Headliner. Schade!
Der eigentliche Headliner des Abends waren somit ganz klar Biffy Clyro. Die hatten ja im letzten Jahr schon voll und ganz überzeugt mit einem wahnsinnig energievollen und emotionalen Auftritt. Und in diesem Jahr genauso! Ich gestehe, ich habe mich schlecht vorbereitet – nach ihrem Konzert im letzten Jahr hätte ich mich dringend mal reinhören sollen, dann hätte ich das Konzert in diesem Jahr sicher noch mehr genießen können. Aber auch so kann ich nur sagen: grandios!
Für mich war insbesondere der Vergleich zu Jimmy Eat World, die direkt vor Biffy Clyro auf der Hauptbühne spielten, sehr interessant. Beides sind für mich Bands, die ich nur vom Namen und ein, zwei Konzerten her kenne. Jimmy Eat World verwechsle ich vom Namen her immer wieder mit Less Than Jake (warum auch immer?!), sodass ich im ersten Moment enttäuscht war, dass kein “Gebläse” dabei ist. Bei Biffy Clyro ärgerte ich mich erst mal über mich selbst, dass ich sie mir im vergangenen Jahr nicht mal ordentlich angehört habe. Demnach waren die Voraussetzungen ähnlich. Musikalisch sind die beiden Bands auch im ähnlichen Genre, wobei Biffy Clyro ein wenig härter sind. Und dennoch: ein meilenweiter Unterschied! Jimmy Eat World kamen auf die Bühne und spielten ihr Konzert. Und nach zehn Minuten hielt mich nichts mehr auf meinem Platz und ich zog los, mir etwas zu Essen zu organisieren (“Hören tu ich sie auch von weiter hinten …”). Nicht das kleinste Gefühl, irgendwas zu verpassen. Biffy Clyro kamen auf die Bühne und zogen ALLE in ihren Bann, bevor sie überhaupt nur einen Ton gespielt hatten. Allein ihre Bühnenpräsenz, dazu Unmengen an Energie – da war die Musik fast schon Nebensache, man konnte einfach nicht weggucken. Aber die ganze Präsenz und Energie spiegelte sich genauso auch in der Musik wider, und mich hätten keine zehn Pferde dazu gebracht, mich von meinem Platz wegzubewegen. Das ist dann wohl das berühmte “Etwas”, das Stars von Musikern unterscheidet … Und ganz klar: Biffy Clyro hätten den Headliner-Spot verdient gehabt!
Die “kleine” Bühne hat in diesem Jahr in meinen Augen eine ziemliche Aufwertung erhalten – hauptsächlich deshalb, weil es zum ersten mal keine Überschneidungen in den Auftrittszeiten der Bands auf den beiden Bühnen gab. Emergenza ausgenommen – die Auftritte der Emergenza-Bands fanden zur Hälfte am Nachmittag während der ersten Bands auf der Hauptbühne statt, zur anderen Hälfte abends während Co-Head und Headliner. Ein interessantes Konzept; auf den ersten Blick unfair, weil abends einfach viel mehr Menschen auf dem Gelände sind. Allerdings sind die Menschen abends vermutlich auch noch mehr an der Hauptbühne interessiert als an Emergenza … dennoch, allein die Tatsache, dass einige Bands im Dunkeln spielen und andere nicht, könnte die Chancen verzerren. Dennoch, zwei Daumen hoch für die Tatsache, dass man nur wirklich ALLE verpflichteten Bands sehen kann, wenn man möchte!
Zebrahead waren der Headliner der kleinen Bühne, und wie beim Mini Rock letztes Wochenende wussten sie voll und ganz zu überzeugen, und das Publikum war wild und begeistert bei der Sache. Und auch wenn sie von der Bühne herab immer wieder beteuerten, völlig besoffen zu sein – das Konzert meisterten sie auch so problemlos. 😉
Insgesamt ein sehr toller Auftakt für ein hoffentlich grandioses Festival – mal sehen, wie das Wetter in den nächsten Tagen noch mitspielt …
Samstag, 9. August: Eskalation bei Vollmond!
Richtig – Vollmond! Oder genauer gesagt: sichtbarer Vollmond, sprich klarer Himmel, sprich kein Tropfen Regen … yeah!
Wunderschönes Festivalwetter also auch am Taubertal-Samstag! Und wie schon am Freitag gab es auch am Samstag zwei Bands, die den Headliner-Status für sich beanspruchen konnten: Zuerst die Broilers als vorletzte Band auf der Hauptbühne und dann Casper als eigentlicher Headliner. Während am Freitag klar der Co-Head, sprich Biffy Clyro, die beste Show ablieferte, fand ich es am Samstag unmöglich, einen klaren “Gewinner” auszumachen. Zu unterschiedlich die beiden Bands, nicht vergleichbare Musik, eine völlig andere Zielgruppe.
Die Broilers überraschten mich komplett. Ich hatte ihren Auftritt 2012 als “ganz nett” in Erinnerung – an mir sind die Broilers bisher ziemlich vorbeigegangen (als eine der wenigen deutschen Punk-Bands, eigentlich verwunderlich!). Aber schon 2012 fand ich es eindrucksvoll, wie sehr die Band abgefeiert wurde. In diesem Jahr das gleiche Bild, aber noch um einiges verstärkt. Das Gelände war gerammelt voll, und bis hinten waren alle beim Konzert dabei – deutlich mehr Stimmung und Bewegung im Publikum als bei den Sportfreunden am Abend zuvor. Und als es dann dunkel wurde und von der Bühne die “Eskalation bei Vollmond” ausgerufen wurde, mit parallelen Circle Pits in beiden Wellenbrechern, Bengalos gezündet (auf der Bühne und auch im Publikum – lernen die Menschen denn nie? *seufz*) und zum Abschluss noch ein Feuerwerk hinter der Bühne abgefeuert wurde – da hätte ich nicht in Caspers Schuhen stecken wollen, der danach noch auf die Bühne “musste”. Denn das zu toppen, war nun wirklich harte Arbeit!
Hat Casper es geschafft? Gute Frage … Zumindest hat er so ziemlich alle Zuschauer aufs Gelände gezogen – es war sehr gut gefüllt, und wie schon bei den Broilers waren auch die Leute am anderen Ende des Platzes dabei und machten mit. Das überraschte mich ein wenig; ich hätte mehr “was macht Hip-Hop auf einem Rock-Festival”-Veweigerungshaltung erwartet, aber offenbar ließen sich die Anwesenden wirklich darauf ein – und wurden nicht enttäuscht! Caspers Lieder sind sehr energiegeladen, seine Vortragsweise sowieso, und ich war definitiv nicht die einzige, die vom Auftritt voll und ganz überzeugt war. Dennoch – ob die Stimmung die Atmosphäre bei den Broilers toppen konnte? Bei denen war das ganze Konzert über Leben und Bewegung im Publikum. Bei Casper beschränkte sich die Bewegung (zumindest zu Beginn des Konzertes) doch eher auf Arm rauf, Arm runter. Er selbst bemerkte dann auch leicht ironisch, nachdem er das Publikum zum Mitmachen aufforderte und nur ein laues Lüftchen als Resonanz zurückkam: “Euphorie pur …” Als es dann aber wirklich zur Sache ging, waren doch alle dabei. Und spätestens bei den Zugaben fuhr Casper dann mehr und mehr die Rockseite auf, coverte BGS von den Buttocks und forderte “ganz viele von diesen Kreisen” (sprich Circle Pits) – die er mit ein bisschen Beharrlichkeit dann auch bekam. Er hat das Publikum also klar zu überzeugen gewusst – auch wenn das wirklich harte Arbeit war.
Den Auftakt auf der Hauptbühne machten am Samstag Lagwagon, gefolgt von den Schröders und den Subways. Und hier war die Reihenfolge unumstritten – es steigerte sich durchgehend. 😉 Lagwagon hatten ganz offensichtlich keine Lust, um diese Uhrzeit für so wenige Leute vor der Bühne zu spielen. Der Gesang war miserabel, und auch spielerisch war es kaum besser. Wer sich diesen Auftritt gespart hat, kann sich also sicher sein, nichts verpasst zu haben. 😉
Bei den Schröders sah das schon anders aus: Die hatten Bock, und das Publikum war heiß, sie endlich wieder zu sehen! Ich hätte zwar deutlich mehr Leute vor der Bühne erwartet (zu Beginn waren maximal halb so viele Leute vor Ort wie am Freitag zur gleichen Zeit bei SDP), aber die Stimmung war gut. Was man vom Sound leider nicht behaupten konnte … Es dauerte einige Lieder, bis der Sound so weit akzeptabel war, dass man die Lieder auch ohne tiefere Kenntnisse der Schröders-Diskografie erkennen konnte. Und auch dann fehlte mir persönlich der letzte “Biss” – sie sind offenbar noch nicht wieder warmgespielt. Die Zusammenstellung der Setlist war auch ein wenig … nennen wir es “eigen”. Ein paar Perlen waren drin, aber bei einer Reunion erwartet man doch die ganzen guten, alten Hits – ist das nicht der Sinn dabei? Zum Abschluss des Konzertes spielten die Schröders dann tatsächlich noch “Lass uns schmutzig Liebe machen” und “Frösche”, aber nicht ohne anzukündigen, dass das die Gewinner der Fanabstimmung waren und die Band selbst da ja nicht so begeistert von sei … Hmm. Ich hatte mir vom Konzert deutlich mehr versprochen – aber es ist verständlich, dass sie ein paar Konzerte brauchen, um den Rost abzuschütteln und zur alten Form zurückzukehren.
The Subways hingegen legten gleich mit voller Energie los! Dieses Jahr nicht vor einer Schlammgrube, sondern vor trockenem, feierwütigem Publikum. 😉 Ein grandioses Konzert, massenhaft Energie auf der Bühne und im Publikum, immer wieder Wahnsinn diese Band.
Auch die kleine Bühne war am Samstag sehr vielversprechend besetzt. Vorab aber noch mal kurz ein Wort zum Emergenza-Contest: Der Unterschied zwischen den Spielzeiten am Nachmittag und am Abend ist doch gigantisch. Trotz der Aufwertung der kleinen Bühne und des Versuchs, mit den Emil Bulls (oder am Freitag Montreal) Leute schon früh aufs Gelände zu locken, herrschte bei den Nachmittags-Emergenza-Konzerten gähnende Leere. Und es muss doch frustrierend sein, am hellerlichten Tage vor fast niemandem zu spielen anstatt abends im Dunkeln, mit imposantem Bühnenlicht, vor Leuten die im Vorbeigehen kurz zuhören? Ich bin sehr gespannt, wer dieses Mal gewinnen wird und ob es eine Nachmittags- oder Abends-Band sein wird …
Wie schon erwähnt spielten die Emil Bulls am frühen Nachmittag. Sie selbst hatten wohl am wenigsten von diesem Auftritt erwartet – aber weit gefehlt. Vom ersten Ton an tanzte die Meute, und somit waren die Bulls für die erste Staubwolke des Festivals verantwortlich … “Eine Wall of Death am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen!”, auch Circle Pits wurden schon mal geübt – und da ich die Emil Bulls gerade letzte Woche erst gesehen hatte, waren mir auch einige der Lieder noch im Ohr, immer ein gutes Zeichen. Klasse Auftakt! (Wobei die Bulls nicht die erste Band des Tages waren – das waren Shark Tank, die sich vom “Wanderweg” aus der Stadt ins Tal aus gut anhörten, die ich aber leider nicht mehr sehen konnte.)
Russkaja waren ein netter Abschluss des Tages, allerdings besteht das alte Problem der kleinen Bühne weiterhin – nach den Konzerten auf der Hauptbühne ist es dort einfach zu überfüllt, als dass man ein Konzert wirklich genießen könnte. Es sei denn, man verschwindet vor Konzertende von der Hauptbühne und kann sich in den vorderen Bereich der kleinen Bühne vorkämpfen …
Meine Überraschung des Tages war Dave Hause – den kannte ich überhaupt nicht und ich sah nun auch nur zwei Lieder, aber das klang äußerst vielversprechend. Nur er alleine mit Gitarre, teilweise noch von einem Mitmusiker unterstützt, mit sehr eingängigen Liedern mit guten Texten und einer wunderbaren Stimme. Den Namen sollte man sich merken!
Soviel zur Musik. Davon abgesehen aber noch ein wenig Kritik – und zwar am Publikum. 🙁 Einerseits sind da die Unmengen an Alkoholleichen zu erwähnen. Klar, für viele hat ein Festival wenig mit Musik und viel mit Gemeinschaft, Feiern und eben Alkohol zu tun; da hat jeder seine eigenen Präferenzen. Aber diejenigen, die schon um fünf Uhr abends vom Roten Kreuz abtransportiert werden müssen oder diejenigen, die mitten im Konzert mitten in der Menschenmenge liegen und ihren Rausch ausschlafen, sollten ihre Prioritäten vielleicht doch einmal überdenken …
Das ist aber nur der eine Kritikpunkt. Natürlich verändert sich ein Festivalpublikum über die Jahre. In den letzten Jahren scheint sich das Taubertal-Publikum aber in die völlig falsche Richtung zu entwickeln – nämlich in die der Rücksichtslosigkeit und Ignoranz und Respektlosigkeit gegenüber Mitmenschen. Wenn noch viel Platz ist, muss man dann wirklich grundsätzlich andere Leute anrempeln, wenn man durch möchte, statt einfach nebendran vorbei zu gehen? Muss man jedem, der nicht dem eigenen Ideal entspricht, blöde Sprüche entgegenschmettern und sich lustig darüber machen, wenn jemand selbstversunken tanzt? Muss man alle Mädels, die crowdsurfen, betatschen und so weit wie möglich ausziehen (so gesehen beim Broilers-Konzert; ich habe kein Mädel – im Gegensatz zu den Jungs- gesehen, die mehr als einmal gesurft ist …)? Die normalen Regeln des Miteinanders werden nur durch ein Festival nicht außer Kraft gesetzt … Und die diversen Bengalos, die im Publikum gezündet wurden, waren auch völlig unnötig und nur gefährlich.
Davon abgesehen ein weiterer toller Festivaltag. Und die vielen strahlenden, begeisterten Gesichter nach einem tollen Konzert machen auch viel wieder wett! 🙂
Und zum Abschluss noch eine kurze Beobachtung zum Thema “wie viele Fotografen kann man beim Headliner in den Graben lassen”: Wie bei den Sportfreunden war es auch bei Casper völlig überfüllt im Bühnengraben. So überfüllt, dass ein Crowdsurfer, der ganz vorbildlich versuchte, zügig aus dem Graben zu kommen, keine Chance hatte, an den Fotografen vorbeizukommen. Also … zückte er erst mal sein Handy und reihte sich ein. 😉
Samstag, 10. August: Wir wissen alle, es wird regnen, die Frage ist nur wann …
Die eigentlich für den Samstag angekündigten Gewitter hatten sich verspätet, und so war von Anfang an klar, dass der Sonntag wohl kaum trocken bleiben würde. Nur das “wann” war eine große Frage. Die große Sintflut wie 2011 am Nachmittag? Oder würde das Wetter vielleicht bis Seeed oder sogar Kakkmaddafakka halten?
Nachmittags gab es mehrmal kurze Schauer – keiner davon so ergiebig, dass man sich in Sicherheit bringen oder den Poncho hätte rauskramen müssen. So richtig los ging es dann in der Umbaupause zu Seeed – aber auch hier war es schnell wieder vorbei. Bis die Band dann auf die Bühne kam und wenige Minuten später der Wasserfall startete … Eigentlich waren es nur zwei recht kurze Regengüsse, die dafür aber umso heftiger ausfielen. Aber hey, auch wenn man danach klatschnass war und der Hang sich in eine Rutschbahn verwandelte: wenn das am letzten Abend passiert, trübt es die Stimmung kein bisschen!
Dementsprechend schien auch kaum jemand vor dem Auftritt von Seeed abgereist zu sein. Das Gelände war bestens gefüllt, die Stimmung super, und die Show grandios. Ich muss aber gestehen: Seeed “klicken” bei mir live einfach nicht. Ich habe keine Ahnung, woran es liegt, und da ich ihre Musik eigentlich sehr gerne mag, freue ich mich jedesmal, wenn ich sie auf einem Festival sehen kann – nur um dann in der Menge zu stehen und interessiert zu beobachten, wie um mich rum alle riesigen Spaß haben. Auf mich ist der Funke auch diesmal nicht übergesprungen … Ich glaube allerdings, dass ich damit wohl eine der sehr wenigen auf dem Platz war, denn die Menge ging gut mit. Und somit war zumindest am Sonntag die Entscheidung, wer Headliner und wer Co-Head war, völlig unumstritten.
Was wiederum nicht heißt, dass Ska-P nicht abgeliefert hätte. Im Gegenteil! Auch sie spielten ein fantastisches Konzert vor gut gefülltem Gelände und brachten die Meute zum Tanzen. Wie es ausgesehen hätte, hätte es auch bei ihrem Auftritt schon geregnet, ist allerdings eine andere Frage. Ich hatte das Gefühl, dass für die meisten Zuschauer – die ganz vorne natürlich ausgenommen – Ska-P eher eine Band waren, die man sich eben anschaut, wenn sie schon mal da sind, die einen aber nicht dazu bringen würden, sich nassregnen zu lassen. Aber zu dem Zeitpunkt war noch alles trocken und somit die Stimmung bestens.
Musikalisch erwartete ich mir vom letzten Taubertal-Tag am wenigsten. Die Movits, die die Hauptbühne eröffneten, verpasste ich leider aufgrund der Pressekonferenz – sie schafften es aber, zu “früher” Stunde eine beträchtliche Menge Leute vor der Bühne zu versammeln. Und mit ihrer amüsanten Art und mitreißenden Musik hatten sie sich schnell eine willige Fanschar erspielt, die tanzte und hüpfte und auch sonst alles tat, was von ihr verlangt wurde. Ein perfekter Auftakt für den letzten Festivaltag!
Enter Shikari kämpften sehr damit, dass der Hang zwar voll besetzt, aber herzlich uninteressiert an ihrem Auftritt war. Vor der Bühne ging es wild zur Sache, aber auf dem Hang herrschte tote Hose – was sich erst ganz am Ende änderte, als Gitarrist, Bassist und Sänger von der Bühne aus ins Publikum kletterten und den Hang unsicher machten. Vielleicht hätten sie das früher machen sollten, denn plötzlich hatten sie die volle Aufmerksamkeit!
Natürlich stand der Sonntag auch wieder ganz im Zeichen der Emergenza-Bands. Gewinner in diesem Jahr waren The Scheen aus Norwegen, die mit rockiger Musik dann auch auf der Hauptbühne zu unterhalten wussten. Um die folgenden Plätze herrscht ein wenig Verwirrung. Laut Auftrittsreihenfolge müssten Mercury White aus Australien Zweite und The Kitchies aus Frankreich Dritte geworden sein. Die Emergenza-Webseite listet aber The Kitchies als Zweite und Mercury White als Vierte – keine Ahnung, was nun stimmt. Ein Lob jedenfalls an Mercury White, von denen ich noch einige Lieder gehört habe, und das klang sehr professionell und gut.
Tja, und dann war da noch Kakkmaddafakka! Die Jungs aus Norwegen lieferten am Sonntag gleich zwei Auftritte ab: einen am Nachmittag im PULS-Biergarten und einen als letzte Band des Festivals auf der kleinen Bühne. Der Nachmittagsauftritt war komplett improvisiert; sie kamen auf die Bühne, kündigten an, dass sie weder geprobt hätten noch sich irgendwelche Lieder überlegt, und improvisierten sich dann durch eine Reihe eigener Lieder sowie diverse Cover (u.a. von Britney Spears, Wheatus, Michael Jackson und Lena). Mag jetzt unprofessionell klingen, war es vielleicht auch, aber es war göttlich! Äußerst amüsant und unterhaltsam, und – so ganz nebenbei – musikalisch absolut eindrucksvoll. Abends setzten sie dann noch einmal eine Schippe obendrauf, mit einem völlig durchgeknallten Abschlusskonzert. Egal, ob man die Lieder vorher kannte oder nicht, am Ende sang und tanzte jeder mit! Auch wenn es schade war, dass doch sehr viel weniger Zuschauer an der kleinen Bühne waren als an den Tagen zuvor. Natürlich verständlich, da der Sonntag ja für die meisten Besucher der Abreisetag war, und zudem war man nass und schlammig – aber wer sich das hat entgehen lassen, der hat leider DAS Konzert des Festivals verpasst! Der perfekte Abschluss, und strahlende Gesichter überall bei der letzten Nachtwanderung Richtung Stadt oder Campingplatz.
Hinter den Kulissen
Zuguterletzt noch ein kleiner Blick “hinter die Kulissen” mit einigen Infos aus den Pressekonferenzen. Relativ unorganisiert, für alle Taubertal-Fans aber sicher trotzdem interessant!
Statt einem “größenwahnsinnigen” Booking werden also eher einige Specials zum Jubiläum ausgearbeitet, zu denen es noch keine weiteren Infos gibt. Eine Ausweitung des Festivals auf vier volle Programm-Tage steht aber definitiv nicht zur Diskussion.
Zuguterletzt noch ein kurzes Fazit: Wie in den vergangenen Jahren konnte das Taubertal musikalisch und organisatorisch wieder voll überzeugen. Viele sehr tolle Konzerte, auch wenn teilweise nicht klar war, wer nun der eigentliche Headliner war – aber das ist ja auch zweitrangig. Das Publikum kann von mir in diesem Jahr keinen eindeutigen Daumen hoch bekommen, auch wenn es natürlich wieder viele grandiose Aktionen, Verkleidungen und Schilder gab. Im Großen und Ganzen lief auch alles friedlich ab, die Stimmung war mir aber (auf dem Festivalgelände!) oft zu sehr “gegeneinander” statt “miteinander” – das hab ich gerade beim Taubertal früher anders erlebt. Aber vielleicht braucht es dafür auch einfach noch mal ein totales Schlammfestival, bei dem man ohne Zusammenarbeit nicht mehr den Hang hochkommt. 😉 In dem Fall muss ich aber sagen, dass ich dann vielleicht doch lieber in den sauren Publikumsapfel beiße und dafür die Gummistiefel daheim lasse und mir – wie in diesem Jahr – die Sonne auf den Rücken scheinen lasse.
Danke Taubertal für ein weiteres wunderbares Festival – wir sehen uns nächstes Jahr zum Jubiläum! 🙂
08.-10.08.2014 Taubertal-Festival
Saturday, June 14th, 2014Noch 500 Tickets sind verfügbar – so die Meldung letzte Woche. Das heißt, dass es schon sehr bald wieder heißen wird: Das Taubertal-Festival ist ausverkauft!
Nach der Volljährigkeit im letzten Jahr geht das Taubertal nun ins 19. Jahr. Von Jahr zu Jahr wird eine eigentlich schon super funktionierende Infrastruktur immer weiter verbessert und verfeinert, sodass das Taubertal nicht nur das am schönsten gelegene Festival in Deutschland ist, sondern auch noch eines der angenehmsten für die Besucher.
Und auch das Line-Up passt dieses Jahr wieder zu 100%: Headliner in diesem Jahr sind die Sportfreunde Stiller, Casper und Seeed – ein wenig “lokaler” als in den letzten Jahren, wo an mindestens einem der Abenden ein internationaler Headliner auf der Bühne stand. Ein Rückschritt? Nicht wirklich, denn es sind alle grandiose Live-Acts! Und mit Biffy Clyro, Jimmy Eat World, The Subways, Ska-P und weiteren ist das Programm international wie immer – und stilistisch breit gefächert, auch das wie immer. Eine tolle Mischung an Bands also!
Auf der kleinen Bühne steht natürlich wieder das Emergenza-Finale im Fokus, und mit Zebrahead, Russkaja und Kakkmaddafakka gibt es auch dort perfekte Headliner, die ganz verschiedene Fangruppen ansprechen. Der Vorteil davon ist, dass die kleine Bühne ausreicht, weil nur ein Teil der Besucher den Abend dort ausklingen lässt (im Gegensatz zum Kraftklub-Auftritt 2012 dort, der für ziemliches Chaos sorgte). Der Rest macht sich derweil schon auf den Weg zum Zeltplatz oder in den Steinbruch zur After-Party, was die Besucherströme entzerrt.
Und die Geheimtipps in diesem Jahr? Die spielen eher früh am Tag. Freitags sollte man SDP nicht verpassen – deutscher Rap; lustig, eingängig und wunderbar selbstironisch. Am Samstag sind die Schröders ein Pflichttermin! Endlich wieder zusammen auf der Bühne, und natürlich beim Taubertal dabei, wie schon so oft vorher. Der Sonntag wird von den schwedischen Movits! eröffnet; laut Pressetext eine “explosive Mischung aus schwedischem Hip Hop und mitreißendem Big Band-Sound” – aus eigener Erfahrung völlig durchgeknallt und partytauglich. Perfekt also für den frühen Sonntag-“Morgen” (um 15.30)!
In nicht mal zwei Monaten ist es also wieder so weit: Bierbänke in der Tauber, Rocker in der Rothenburger Altstadt, Nachtwanderungen zum Campingplatz und ahnungslose Rockstars, die erste Bekanntschaft mit Rothenburger Schneeballen machen. Und natürlich mit einem begeisterten Publikum mitten im wunderschönen Taubertal!
Tickets gibt es (noch!) für 105 Euro (3 Tage) oder 50 Euro (1 Tag). Alternativ sind auch VIP-Tickets für 200 bzw. 80 Euro im Verkauf. Diese bieten Vergünstigungen wie eine VIP-Tribüne, einen eigenen Bereich Backstage (mit Bewirtung), bevorzugten Einlass und Shuttle-Service.
16-18.08.2013 Rock’n’Heim (Hockenheimring)
Monday, August 19th, 2013Tja … Als Konzertjunkie hat man es wirklich nicht leicht. Da freut man sich das ganze Wochenende darüber, mal wieder ganz “privat” auf einem Festival zu sein und nicht als Presse und daher keinen Bericht schreiben und nicht zu jeder Band eine Meinung haben zu müssen – und dann denkt man mittendrin immer wieder “Das muss in den Bericht!”/”Das ist die perfekte Überschrift!”/”Na, das ist nun aber mal ein klarer Kritikpunkt”. Und kaum wieder daheim, setzt man sich hin und schreibt einen Bericht …
Disclaimer vorab: Das hier wird mehr ein Blogeintrag als ein Festivalbericht. Denn schließlich war ich nicht als Presse da, hab mir keinerlei Notizen gemacht und möchte eigentlich auch nicht über die Bands berichten, sondern eher so ganz allgemein.
Gut, erst mal drei Schritte zurück. Vor dem Festival gab es eine Menge Kritik am Rock’n’Heim-Festival, dem neuen Ableger von Rock am Ring/Rock im Park. Kaum Vorab-Infos, teure Tickets in verschiedenen Stufen (normal, Preferred Camping, VIP), und als dann endlich das komplette Programm bekanntgegeben wurde, gab es nur 30 statt 40 Bands und nur zwei statt der angekündigten “mehreren” Bühnen. Ich hatte das Festival rein gewohnheitsmäßig (es ist halt immer noch drin …) nach der Ankündigung der Ärzte ins Auge gefasst, und als ich dann mal genauer aufs Line-Up geguckt und System of a Down registriert hatte, war’s um mich geschehen. Und da ich ja mittlerweile eigentlich Hotelschläfer bin, es in der Nähe (Nähe = Laufweite) aber keinerlei Hotelzimmer gab, hab ich das gesparte Hotelgeld in ein VIP-Ticket investiert. Was sich im Nachhinein betrachtet wohl kaum gelohnt hat, denn das Preferred Camping war wohl nicht viel weiter entfernt; aber geschadet hat es auch nicht, also was soll’s.
Lust hatte ich vorab überhaupt nicht – ernsthaft, im Auto schlafen? DÄ hatten mich bei den letzten Konzerten absolut nicht überzeugt und ich WOLLTE sie überhaupt nicht sehen. Und dann auch noch ein riesiges Festival mit 35.000 Leuten (und das nur, weil es ja weit entfernt von ausverkauft war, eigentlich hätten 50.000 aufs Gelände gepasst…). Hätte es einen Markt für Karten gegeben, hätte ich meine sicher verkauft. Den gab’s aber nicht. Und außerdem: SYSTEM!!!
Also, auf in den Kampf. Auf Facebook wurde schon vom Chaos bei der Anreise berichtet – aber man ist ja VIP, fährt von der anderen Seite an den Ring, sieht weit und breit keine anderen Autos und wird sofort auf einen Parkplatz geleitet, der zwar außerhalb des Geländes ist, aber dafür ca. fünf Minuten entfernt vom VIP-Eingang. Mit direktem Blick auf eine der Bühnen! OK, war leider die “kleine” und ziemlich uninteressante, aber hey, das hatte ich bisher noch nie! Und so ruhig wie dort habe ich auch noch nie auf einem Festival übernachtet; auf dem Parkplatz kam echt den ganzen Tag niemand vorbei, und nachts sowieso nicht. Und nachdem mir ein Ordner versichert hatte, dass das Tor zum Gelände auch nachts offen bleibt und ich jederzeit wieder an mein Auto komme, wurde das Auto noch schnell in die richtige Himmelsrichtung ausgerichtet (ja, schlafen im Auto ist eine Wissenschaft für sich!), und los ging’s zum Festivalgelände. Nicht, dass ich der Aussage des Ordners wirklich vertraut hätte – ich habe zwar eigentlich alle Festival-Mitarbeiter, mit denen ich gesprochen habe, als sehr nett und hilfsbereit empfunden. Genauso hatten alle aber absolut überhaupt keine Ahnung. Am besten war dabei noch derjenige, der mir lang und breit und ausführlich (und wirklich nett dabei) erklärte, dass er nun mal niemand durch den einen Durchgang lassen darf und daher alle, die zum Parkplatz wollen, immer erst 200 Meter die Rennstrecke rauf laufen müssen, DANN durch den unbewachten Durchgang und dann wieder 200 Meter über den Versorgungsweg zurück. Ohne dass irgendeine Kontrollstelle oder irgendwas dazwischen gewesen wäre. Es gab absolut NULL Grund für diese Regelung. “Ich finde das auch schwachsinnig, aber so ist die Anordnung.” Die Bemerkung, dass er einen echt guten Nazi abgegeben hätte, konnte ich mir noch gerade so verkneifen … Aber nun ja, zum Glück stand an dem Durchgang nur hin und wieder jemand. 😉 Und das Tor blieb nachts tatsächlich offen.
Aber genau das war der große Kritikpunkt am ganzen Festival: Es war doch alles schwer improvisiert und unorganisiert. Und das erwarte ich von einem Festival, das von solch erfahrenen Veranstaltern auf die Beine gestellt wird, doch anders. Der VIP-Eingang und -Ausgang war an jedem Tag an einer anderen Stelle. Warum?! Mein Müllpfand hab ich auch nicht wiederbekommen, da ich ja nicht auf dem großen VIP-Parkplatz stand, sondern auf dem kleinen außerhalb. Laut Webseite sollte man in dem Fall zum nächsten großen Parkplatz fahren – aber da kam ich von meinem aus ja gar nicht hin. Und eine lange Wanderung war es mir nicht wert; zumal danach dann ja noch die Diskussion gekommen wäre, dass ich viel zu wenig Müll produziert hätte. Diese Diskussionen konnte ich bisher zwar bei jedem Festival für mich entscheiden, aber … ach, ich war zu faul.
Das Gelände war für ein Festival dieser Größe super – zwar furchtbar weitläufig und mit riesigen Entfernungen, dafür aber auch beim Headliner nicht total überlaufen. Größtenteils geteert, nur vor der Hauptbühne gab’s eine riesige “Wiese”. Oder nennen wir es “Dreckloch” … Das passte nun wirklich nicht zu der Ankündigung, dass “das gesamte Gelände befestigt und damit auch bei Regen laufsicher” sein sollte. Nun ja, der Regen hielt sich zum Glück in Grenzen, Matsch gab es also wirklich keinen – dafür stellte ich bei System of a Down fest, dass der Staub im Taubertal doch eher ein “Stäubchen” ist. Wenn man vorne im Wellenbrecher steht und die Bühne nicht mehr sieht … aber ich greife vor.
Hauptband des ersten Tages waren für mich die Ärzte. Wie erwähnt, es ist halt immer noch drin … Das war mein 98. Ärzte-Konzert, die letzten beiden fand ich richtig mies, und die Band und ihre Konzerte interessieren mich einfach nicht mehr. Dennoch versuche ich es ja immer wieder, ihnen noch mal eine Chance zu geben und das Konzert zu genießen … Das klappte diesmal nicht, aber nicht unbedingt nur wegen DÄ. Ich hatte mir schon früh am Abend einen Platz im Wellenbrecher gesucht (denn man weiß ja, bei großen Festivals muss man zwei Bands vorher drin sein, sonst kommt man nicht mehr nach vorne). War auch kein Problem, es gab noch ein schönes Plätzchen hinten am Gitter, direkt vor dem Wellenbrecher, zwar recht weit hinten, aber mit guter Sicht. Bei Bonaparte wurde es langsam voll, aber nun ja, ich konnte ja jederzeit noch ein wenig zur Seite gehen, da wäre dann ja mehr Platz. Sollte man zumindest denken. Bei den ersten DÄ-Liedern sah ich dann, wie weiter in der Mitte Leute nach hinten übers Gitter aus dem Wellenbrecher kletterten – äääääh, nicht gut. GAR nicht gut. Und bei uns wurde es auch immer voller und voller … nicht wirklich gefährlich (schließlich stand ich direkt vor dem Gitter und hintendran war der Gang), aber unangenehm. Und mit der Zeit kamen immer mehr Leute von vorne und von der Seite, teilweise fast panisch, und wollten raus. Der Gang hinter mir war auch ständig voll … Irgendwann wurde es mir dann auch zu blöd (bis dahin hatte ich vor lauter Gedrängel und Durchgequetsche und Platz machen, um andere rauszulassen, eh noch nichts vom Konzert mitbekommen, und bewegen war sowieso unmöglich), und ich bin auch raus. Das dauerte eine ganze Weile, bis man dann mal aus dem Graben raus war, da war nämlich Stau … und was soll ich sagen: An der Seite hätte man dann ganz problemlos wieder in den Wellenbrecher reinspazieren können! Äh – hallo?! Innendrin ist es völlig überfüllt, und keiner kommt auf die Idee, vorne dichtzumachen?! Später sind dann auch noch Securities mit Holzlatten in den Wellenbrecher-Gang gelaufen. Vermutlich wurde doch ein wenig zu viel von vorne gedrückt … Nee, das war völlig unprofessionell und gefährlich. Es scheint alles gut abgelaufen zu sein, aber so geht das nicht bei einem Festival dieser Größenordnung.
Am nächsten Tag fragte ich vorab, ob der Wellenbrecher zugemacht wird. “Ja klar, wenn voll ist, machen wir hier dicht!” Auf die Anmerkung, dass das gestern ja nicht so geklappt hätte, kam dann nur ein “ja, gestern ging’s ein bisschen drunter und drüber”. Na gut, ist ja auch das erste Mal, kann man ja als Security nicht ahnen … *rolleyes* Nun ja, die Definition von “wenn voll ist” war dann offenbar “wenn keiner mehr reinpasst”, zumindest fühlte es sich vor Tenacious D genau so an. Und zwischen Tenacious D und System of a Down muss es am Wellenbrecher-Einlass auch übel abgegangen sein … am nächsten Tag gab es dann plötzlich noch einen Trenner im Eingangsbereich, um Ein- und Ausgang abzutrennen. Ach ja, woher soll man sowas auch nach zwanzig Jahren RaR/RiP wissen … Das hatte Southside-Niveau, und das ist schlecht. Ganz schlecht. 🙁
Aber zum Glück ist dieses Mal alles gutgegangen, und vielleicht lernen die Veranstalter bis nächstes Jahr. Wenn nicht, ist es nicht zu entschuldigen.
Zurück zu den Ärzten. Ich fand das Konzert völlig unspektakulär – hängengeblieben ist bei mir eigentlich nur, dass tatsächlich Angekumpelt gespielt wurden (YAY!) und dass Bela immer wieder blöd über “Rock im Heim” rumgewitzelt hat. Mehr WEISS ich nicht mehr vom Konzert. Und das liegt garantiert nicht an dem einen Radler, den ich mir nach der Flucht aus dem Wellenbrecher gönnen konnte (im vorderen Bereich gab’s tatsächlich nicht mal Bier!). Diese Band interessiert mich einfach nicht mehr, und das ist einerseits total schade, andererseits interessiert es mich so wenig, dass es mir echt egal ist. Mich erschreckt es nur ein bisschen, dass ich – als Konzertjunkie – nach 98 Konzerten nicht das kleinste bisschen Ehrgeiz habe, die 100 vollzumachen …
Franz Ferdinand danach an der “kleinen” Bühne (“klein” in Anführungszeichen, weil diese Bühne ungefähr dreimal so groß war wie die Hauptbühne beim Taubertal *g*) waren ein netter Abschluss des Tages, zumal relativ wenig los war und man vorne seitlich quasi direkt vor die Bühne laufen konnte.
Der nächste Tag galt dann SYSTEM. Alles andere war mir eigentlich egal – im wunderschönen Wetter und strahlendem Sonnenschein war aber der gesamte Tag sehr nett, auch wenn mich musikalisch nichts vom Hocker riss. Tenacious D kannte ich vorab gar nicht und wusste nur, dass die von allen total gehyped werden. Aber: super! Gefiel mir echt gut, und zumindest ein paar Lieder werde ich mir wohl anschaffen müssen. Es war definitiv amüsant.
Und dann System of a Down! Ich hatte sie vorher schon zweimal gesehen – einmal beim Southside mit katastrophalen Sicherheitsvorkehrungen, wo ich vorsichtshalber ganz hinten geblieben bin, weder auf der Bühne noch auf der Leinwand etwas sehen konnte und die Musik von zwei Bühnen gleichzeitig gehört habe. Dafür war ich nicht von den gebrochenen Gittern betroffen … Dann vor zwei Jahren bei Rock im Park, was super toll war, aber ich war eigentlich zu weit weg und konnte die Texte nicht. Letzterem hatte ich dieses Mal vorgesorgt, und da der Wellenbrecher dann doch irgendwann zugemacht wurde, traute ich mich auch seitlich vorne rein. Und hatte mit meiner Ecke echt Glück! Es wurde mitgemacht, geschrien, getanzt, aber jeder für sich und ohne Geschubse, und das Pogopit knapp neben mir blieb auch knapp neben mir. Wunderbar! Und beste Sicht zur Bühne. System sind leider keine sonderlich tolle Live-Band, aber wenn man mit dem Wissen reingeht, ist man auch nicht enttäuscht – alle großen Lieder waren dabei, die Band hatte Spaß beim Spielen, das Publikum war absolut null aggressiv, dafür waren alle am Strahlen, und es war einfach ein tolles Konzert! Nur als am Ende dann die Circle Pits losgingen (zum Glück erst am Ende!), ging vorne gar nichts mehr – der Boden war völlig ausgetrocknet, und der komplette vordere Bereich verwandelte sich in eine einzige riesige Staubwolke. Urghs. Aber hach … SYSTEM!! Allein dafür hat sich das Festival voll und ganz gelohnt.
Casper an der kleinen Bühne war dann noch ein netter Ausklang, aber die Energie war bei mir langsam weg.
Der nächste Tag fing dann mit Regen an – also, so gegen 15 Uhr. *g* Zum Glück blieb es aber beim Nieselregen und schüttete nicht, und mittendrin wurde es auch wieder trocken. Hätte schlimmer sein können. Die Bands sagten mir diesmal alle was – richtige Highlights gab es aber erst mal nicht. Bei Kvelertak fragte ich mich ernsthaft, wer die überhaupt braucht und warum da nicht stattdessen Skambankt stehen … Es ist einfach nicht meine Musik. Ich hatte erwartet, dass das Publikum sie abfeiert, aber das war auch nur sehr begrenzt der Fall. Und bei den Ansagen hab ich ungefähr so viel verstanden wie von ihren Texten … es ist also offenbar wuppe, ob der Frontmann Norwegisch oder Englisch spricht, man versteht ihn in keinem Fall.
Heaven Shall Burn kamen dann deutlich besser an, und den Dauerlauf übers komplette Gelände (ursprünglich mal geplant als Circle Pit um den FOH-Turm) fand ich lustig. *g*
Dann war es endlich Zeit für Kraftklub, mit einem tollen Konzert wie immer. Die Jungs haben immer noch nicht kapiert, wie groß sie sind. “Oh, hier sind ja wirklich Leute vor der Bühne!” Und der Ausflug von Sänger Felix ins Publikum war sicher auch anders geplant – er hatte schwer zu kämpfen, um wieder zurück auf die Bühne zu kommen, opferte Schuhe und Socken und war danach sichtlich mitgenommen. Tja, das Leben als Rockstar wäre vielleicht einfacher, wenn man merken würde, dass man Rockstar ist. 😉 Aber wie gesagt: toller Auftritt, und wieder ein wunderbar begeistertes Publikum, wo es Spaß machte, mittendrin zu stehen. 🙂
Headliner am Sonntag waren dann Nine Inch Nails. Von denen war ich vor Jahren mehrfach sehr begeistert – diesmal sprang der Funke nicht wirklich über. Das kann einfach daran gelegen haben, dass es der dritte Festivalabend war; es war langsam aber sicher zu viel des Guten. Visuell macht NiN NIEMAND etwas vor, das war Weltklasse. Es wäre allerdings noch eindrucksvoller gewesen, wenn nicht ständig irgendwelche Beleuchter und Umbauhelfer auf der Bühne rumgekrabbelt wären. Musikalisch fand ich’s … langweilig. Schade! Das empfand offenbar auch nicht nur ich so, denn das Gelände war erschreckend leer. Und auch ich war mehrfach kurz davor zu gehen – schließlich hatte ich noch anderthalb Stunden Heimfahrt vor mir und musste am Montag wieder zur Arbeit. Aber im Hinterkopf hatte ich ständig “gleich kommt noch ‘Hurt’!” Und das war eine weise Entscheidung, denn als Hurt dann endlich kam, war das eines der Highlights – wenn nicht DAS Highlight – des Festivals! So toll, so viel Gefühl … hach. Einen besseren Festivalabschluss hätte es nicht geben können!
Und insgesamt? Mein Fazit ist voll und ganz positiv. Ja, es war das erste Mal für das Festival, dementsprechend lief vieles chaotisch ab. Nein, einige der Dinge, insbesondere die sicherheitstechnischen Kritikpunkte, sind nicht zu entschuldigen. Dennoch war es insgesamt einfach schön – alles lief friedlich und freundlich ab, die Menschenmassen verteilten sich auf dem Gelände, man kam immer problemlos dorthin, wo man hinwollte, Schlangen hielten sich in Grenzen und die Bands waren einfach toll. Und System of a Down und Nine Inch Nails sind halt doch eine andere Kategorie Headliner als Deichkind und Chase & Status – was letztere nicht schlecht macht, aber es ist einfach eine ganz andere Art von Festival. Und gar nicht mal eine schlechte …
05-06.08.2011 Mini-Rock-Festival (Horb am Neckar)
Sunday, August 7th, 2011Zum siebten Mal in Folge fand dieses Wochenende in Horb wieder das Mini-Rock-Festival statt; und wie letztes Jahr gab es auch diesmal wieder ein neues Gelände. Letztes Jahr betraf der Umzug hauptsächlich die Park- und Campingsituation; das Gelände an sich war zwar deutlich größer, aber von der Anordnung her sehr ähnlich zum “alten” Mini-Rock. Dieses Jahr war dies anders: Zum ersten Mal gab es eine zweite Bühne, der Campingplatz war ein paar Schritte entfernt, und das Gelände war nicht mehr ein großer, übersichtlicher Platz, sondern ein bisschen verwinkelt. Und dann war da noch das Wetter… aber dazu später mehr.
Die Hauptveränderung zu den letzten Jahren war ganz klar die Zeltbühne. Statt nur einer großen Open-Air-Bühne gab es jetzt also noch eine zweite Bühne im Zelt, die immer in den Pausen der großen Bühne bespielt wurde. So etwas ist natürlich logistisch eine ziemliche Herausforderung – der komplette organisatorische Aufwand verdoppelt sich, was aber souverän gemeistert wurde. Auch sonst passte mit der zweiten Bühne eigentlich alles: Der Wechsel von der Hauptbühne zur Zeltbühne war in wenigen Minuten zu schaffen, das Zelt war nie total überfüllt (auch wenn es teilweise sehr gut gefüllt war), und manche Bands funktionieren im “intimeren” Rahmen einfach deutlich besser als auf einer riesigen Open-Air-Bühne.
War also alles super mit den zwei Bühnen? Hmm, ich weiß nicht. Eigentlich ja; ganz unvoreingenommen würde ich klar beide Daumen nach oben recken! Die Frage, die sich mir allerdings mehrfach stellte, war: Ist das noch das Mini-Rock? Ich kann den Finger nicht so ganz drauflegen, was mich an der zweiten Bühne “gestört” hat (wichtig: Die Anführungszeichen sind beabsichtigt. Denn eigentlich fand ich’s toll und mich hat nichts gestört). Für mich ist das Mini-Rock ein kleines, gemütliches und entspanntes Festival. Ein viereckiges, übersichtliches Festivalgelände, an einer Seite eine Bühne; in den Pausen setzt man sich irgendwohin hin und relaxt; bei der nächsten Band steht man wieder an der Bühne, egal ob man sie kennt oder nicht, man lernt sie ja kennen. Diesmal gab es durchgehendes Programm, ohne Pausen, sodass man – um alle Bands mitzubekommen – ständig von einer Bühne zur anderen gehetzt ist und nur dann mal eine Pause hatte, wenn man eine Band gar nicht oder nur halb angesehen hat. Das Gelände war für die beiden Bühnen ideal – die Hauptbühne an einer Seite, über einen schmaleren Durchgang der Zugang zum Zelt und die Basar-Stände in einer kleinen Ausbuchtung an der Seite. Perfekt eigentlich. Nur irgendwie nicht “Mini-Rock”; und genau das ist es, was mich ein kleines bisschen zum Zweifeln brachte. Das Gelände ist super und sehr praktisch angelegt, es gibt durchgehend Musik und man kann sich die Rosinen rauspicken – absolut super für ein Festival. Nur das Flair des Mini-Rock ist dabei ein bisschen verlorengegangen, und für mich wirkte es wie ein x-beliebiges Festival. Das fand ich schade; aber es ist definitiv kein objektiver Kritikpunkt. Es ist nur “anders” – und objektiv betrachtet besser! Subjektiv sollte ich wohl den Nostalgie-Faktor abschalten. =;-)
“Da muss mehr Hass rein!” – Freitag, 5. August
Leider schafften wir es am Freitag erst recht spät aufs Gelände. Kraftklub standen schon auf der Zeltbühne und begeisterten dort das Publikum. Das Zelt war für die Uhrzeit auch recht gut gefüllt – wobei Kraftklub noch deutlich mehr Zuschauer verdient gehabt hätten! Die, die da waren, feierten jedoch ausgelassen, und es wurde lauthals mitgegrölt. Und natürlich auch gleich mal wieder geübt, wie das mit der Wall of Death ging. Super Auftakt!
Auf der Hauptbühne waren danach Zebrahead dran. Auch die zogen für die Uhrzeit eine beträchtliche Menge an Zuschauern vor die Bühne, und auch hier galt wieder: völlig zu Recht! Die fünf Jungs aus Kalifornien hatten die Menge fest im Griff. Schade nur, dass das Wetter nicht so ganz mitspielte und immer wieder ein paar Tropfen fielen… was Grund zur Sorge gab.
Im Zelt danach eine mir völlig unbekannte Band namens Transmitter. Auf den ersten Blick eher unspektakulär – sehr elektronisch, der Frontmann irgendwie unauffällig, und los war im Zelt auch so überhaupt gar nichts. In dem Moment fragte ich mich ein wenig, ob das mit den zwei Bühnen eine gute Idee war – denn traditionell war es beim Mini-Rock ja immer so, dass vor der Bühne außer beim Headliner nicht allzu viel los war, und jetzt sollte sich das also noch auf zwei Bühnen verteilen? Und Transmitter hätten echt ein größeres Publikum verdient gehabt, die setzten nämlich einiges an Energie frei. Mich erinnerten sie stark an Prodigy. Und der Gedanke, für den ich mich später verfluchen sollte: “Jetzt müsste es einen ordentlichen Regenguss geben, damit das Zelt voll wird und die ein ordentliches Publikum haben!”
Tja. Den Regenguss gab es. Das Zelt wurde davon nicht voller (keine Ahnung, wohin alle verschwunden sind?), aber das Gelände stand danach komplett unter Wasser… Ich hab ja schon viel Dauerregen auf Festivals erlebt, ich habe mich auch schon oft über mangelnde oder auch gute Organisation bei verregneten Festivals ausgelassen, aber hier war einfach nichts mehr drin. Innerhalb von zwanzig Minuten ist das Festival abgesoffen – und egal, was man danach hätte tun können (und das Orgateam leistete da alles, was irgendwie möglich war), da war nicht mehr viel zu retten, da das Gelände einfach komplett voll Wasser stand.
Die blödeste Entscheidung des Tages dann: Hey, der Regenguss ist rum, ich lauf mal schnell ans Auto und hol doch noch meine Gummistiefel! Also, das mit den Gummistiefeln war definitiv KEINE blöde Idee, aber das “der Regenguss ist rum” dafür umso mehr. Ums kurz zu machen: Bis zum Auto war ich schon völlig durchnässt, und die frische, trockene Regenausstattung aus dem Auto war zurück auf dem Festivalgelände dann auch nicht mehr frisch oder trocken.
Shantel & Bucovina Club Orkestar war danach aber eine ganz eigene Erfahrung. Es goss wie aus Kübeln, alle waren nass bis auf die Haut, und logischerweise war die Menge vor der Bühne doch recht überschaubar. Aber alle, die da waren, tanzten und feierten, als gäbe es kein Morgen mehr. Die Musik passte dazu natürlich auch perfekt, denn bei dem Klezmer/Gypsy/Ska kann man nicht stillstehen. Und nass war man ja eh, da störte auch das Wasser (ja, Wasser, nicht Schlamm!) auf dem Boden kaum mehr.
Langsam ließ der Regen nach, und die nächste Band war ja eh wieder im Zelt dran: Supershirt! Das Zelt war gerammelt voll, und beim Reinkommen fühlte man sich, als liefe man gegen eine Wand, so feucht und warm war es. Und ich würde behaupten, das war DAS Konzert des Festivals! Egal, ob man die Jungs vorher kannte oder nicht, die Stimmung war der helle Wahnsinn, das Publikum war heiß, von der Bühne flogen die Leuchtstäbe, im Zelt floss der Alkohol, es war eng, heiß, schwitzig – und toll. Außerdem gaben Supershirt zu, dass sie den Regen mitgebracht hatten: “Diese große schwarze Regenwolke war den ganzen Weg über uns. Buht uns aus!” Das tat das Publikum natürlich gerne, aber viel zu brav. “Da muss mehr Hass rein!!”
Offenbar hatte sich die komplette Feuchtigkeit jetzt ins Zelt verlagert, denn draußen hatte der Regen pünktlich zum Auftritt von Friska Viljor aufgehört. Ich muss gestehen, mit denen kann ich nichts anfangen – obwohl ich ja grundsätzlich riesiger Fan skandinavischer Bands bin, aber die haben bei mir (noch?) nicht gezündet. Dennoch war ich positiv überrascht, da sie deutlich energievoller und enthusiastischer rüberkamen als bei anderen Auftritten, die ich gesehen habe.
Ich nutzte die Zeit, um noch mal zum Auto zu laufen und meine Kamera zu holen (die ich dort vor der Sintflut in Sicherheit gebracht hatte). Das hätte ich mir allerdings sparen können – denn als Prinz Pi auf die Zeltbühne ging, betrug die Luftfeuchtigkeit dort mindestens 100%, und an Fotografieren war nicht zu denken. Wie Supershirt kam auch Prinz Pi super gut an, wobei es allerdings erkennbar war, dass sich das Zelt mit der Zeit leerte. Ein absoluter Wahnsinn aber, wie sowohl Prinz Pi als auch das Publikum die Energie aufbringen konnten, so abzugehen. Und das Ganze quasi ohne Sauerstoff und bei tropischen Verhältnissen!
Den Abschluss des Tages bildeten dann Amplifier. Die machten einen tollen Eindruck, ich hätte sie mir gerne noch angehört – aber durchnässt wie wir waren wäre das nicht gut gewesen, sodass wir uns nach ein paar Liedern auf den Weg machten. Wie auch der Großteil des restlichen Publikums; Amplifier hatten wohl den schlechtesten Slot des Abends erwischt.
“Ein Glück ist es jetzt hier trocken!” – Samstag, 6. August
Am nächsten Mittag die große Frage: Wie wird wohl heute das Festivalgelände aussehen? In den letzten Jahren war ich begeistert von der tollen Organisation beim Mini-Rock, aber… ist es diesmal überhaupt möglich, das Gelände nach der Sintflut innerhalb von ein paar Stunden irgendwie wieder instand zu setzen? Die Antwort: nein, war es nicht. Die Organisatoren hatten ihr Möglichstes getan; der Einlassbereich und die Flächen vor den Ständen waren komplett mit Stroh abgedeckt, was die Rutschgefahr doch deutlich minimierte (nicht allerdings die Nässe – man trat nun halt durch das Stroh hindurch in den Matsch), und die wichtigsten Wege, insbesondere der Zugang zum Zelt, waren durch Bretter und Paletten begehbar gemacht. Das Wasser hatte sich aber in schönsten Matsch verwandelt, und ohne Gummistiefel war man definitiv aufgeschmissen. Was viele Nicht-Gummistiefel-Besitzer dazu brachte, einfach barfuß zu laufen – was anhand des warmen Wetters die beste Alternative war!
Während des Tages öffneten sich immer wieder die Schleusen, und es gab noch zwei heftige Wolkenbrüche, sodass es definitiv unmöglich war, das Gelände irgendwie trockenzulegen. Aber das schien kaum jemanden zu stören – nach den ersten paar Schritten war man sowieso eingeschlammt, also war die einzige Option: trotzdem feiern!
Wir waren schon zu Cirque Royal auf dem Gelände, die uns allerdings nicht überzeugen konnten. Absoluter 08/15-Poprock, nichts Besonderes.
Die Supersieger auf der Open-Air-Bühne waren da schon eher mitreißend. Die beiden Münchner konnten zwar nicht viele Leute vor die Bühne ziehen, aber die, die da waren, hatten Spaß und tanzten im Schlamm. Zumindest ein bisschen…
Ein Wolkenbruch ließ uns dann ins Pressezelt flüchten, sodass wir von On top of the avalanche nur zwei Songs gegen Ende mitbekamen. Die Lokalmatadoren klangen vielversprechend, allerdings erwischten wir zwei Songs, die gegensätzlicher nicht sein könnten, sodass ich nicht mal eine Stil-Einschätzung geben kann, sorry. =;-)
La Vela Puerca waren für mich einer der Gründe, zum Festival zu fahren. Die Uruguayaner machen einfach immer Stimmung – völlig egal wo, wann, und bei welchem Wetter. Leider hatten sie zu Beginn des Konzertes mit schlechtem Sound zu kämpfen und begannen mit einigen unbekannten Liedern, sodass es ein wenig dauerte, bis der Funken übersprang. Aber er sprang, und wie! Wenn sich der Auftritt auch mit der Zeit eher zur “Nebensache” entwickelte – denn das Mosh-Pit wurde im Nullkommanix zum Schlammpit, und das Schlammpit weitete sich auf die komplette Fläche vor der Bühne aus. Und irgendwann bekamen die Schlammrutscher mehr Applaus von den Umstehenden als die Band auf der Bühne… ungewöhnlich. Aber eine Band wie La Vela Puerca lässt sich davon nicht beirren, und das Konzert war wundervoll!
Nach Adolar im Zelt, die soliden Rock auf Deutsch darboten, war es auf der großen Bühne Zeit für den insgeheimen Headliner des Tages: Casper! Die Publikumsresonanz war unglaublich; Casper konnte ganz klar die größte Menge an Zuschauern vor die Bühne locken. Und das, obwohl der Untergrund ein reines Schlammbad war! Die Stimmung war genial, und man konnte den Auftritt auch genießen, wenn man wie ich eher skeptisch am Rand stand. Wobei einige Ansagen doch etwas daneben waren – Sätze wie “Ein Glück ist es jetzt hier trocken” zeugen doch eher davon, dass man keinen Schritt nach draußen gewagt hat (denn diese Schlammlache als “trocken” zu bezeichnen… na ja), und es ist nicht gerade guter Stil, die zuvor spielende Band zu dissen à la “diese komische Ska-Band” und “Ska: nein! Rap: fick ja!” Na ja, ich bin wohl die falsche Generation. Und fand den Auftritt trotzdem klasse!
Dann war es Zeit für eine kurze Pause – der Nachteil bei einem ununterbrochenen Programm. Zu Colour Haze kann ich also nichts berichten. Bei Blackmail war ich wieder am Start! Tolle Rockmusik, allerdings muss man vermutlich die Lieder kennen, um die Band richtig abfeiern zu können. Einzelne Zuschauer vor der Bühne waren begeistert am Mitsingen; insgesamt konnte die Band zwar unterhalten, aber nicht vollends begeistern.
Bei Disco Ensemble sah das dann ganz anders aus! Ich war überrascht, dass das Zelt nicht gerammelt voll war, da Disco Ensemble für mich eine der größten Bands des Festivals waren. Und so sahen es auch die Leute vor der Bühne – weiter hinten schienen die Zuschauer es ein wenig gelassener aufzufassen. Nichtsdestotrotz kochte das Zelt, und die vier Finnen lieferten eine gewohnt energievolle Show ab. Die Setlist (die mir zufällig vor die Kameralinse lief =;-)): Pitch black cloud, Drop dead Casanova, Threat letter typewriter, Semi-eternal flame/Undo, Bad luck charm, Black Euro, Protector, So cold, We might fall apart, White flag, Headphones, Zugaben Bay of Biscay und Stun Gun.
Hot Water Music zogen dann wieder viele Zuschauer vor die Open-Air-Bühne. Die Band hat ja einen gehörigen Kult-Faktor, der mir allerdings bislang verborgen blieb. Zünden konnten sie bei mir nicht, aber das Publikum hatte Spaß.
Als letzte Band im Zelt dann eine gewisse Kuriosität: Long Distance Calling aus Münster. Die fünf Musiker kommen nämlich ohne Sänger aus, spielen also reine Instrumentalmusik! Das ist auf jeden Fall “eigen” – wenn auch in meinen Augen nicht wirklich mitreißend.
Ich entschied mich also doch fürs Parallelprogramm, nämlich den Soundcheck der Monsters of Liedermaching an der Hauptbühne! Ja, bei denen gehört auch der Soundcheck schon zum Programm… wobei das echte Konzert natürlich noch um einiges besser ist. Wie auch Amplifier hatten die Monsters allerdings mit dem Fluch des “Midnight specials” zu kämpfen, denn viele Zuschauer hatten sich schon in ihre Schlafsäcke verabschiedet. Und die verbleibende Zuschauermenge wurde auch immer geringer, je mehr der Regen zunahm… völlig verständlich. Weniger verständlich war dafür, dass das Publikum im Laufe des Auftritts immer lauter wurde. Genial! Wie immer: Die Monsters sind einfach die Besten! Und der Regen störte kaum, es wurde halt trotzdem gefeiert. Immerhin waren wir so nicht nur das beste Publikum, sondern auch das sauberste! Und Fred und Totte ließen es sich nicht nehmen, mit uns mitzuleiden, und setzten sich an die Bühnenkante in den strömenden Regen… (wo natürlich nicht nur der Regen landete, sondern auch das gesamte Wasser vom Bühnendach – GANZ so schlimm war’s also im Publikum gar nicht *g*)
In jedem Fall war das ein wunderbarer und perfekter Abschluss fürs Mini-Rock 2011! Es war nass, es war schlammig, es war eklig – aber die Musik hat begeistert, die Organisation hat gestimmt, und auch wenn das Mini-Rock für mich diesmal irgendwie nicht mehr typisch Mini-Rock war, so ist es meilenweit davon entfernt, ein anonymes 08/15-Festival zu werden, sondern es ist einfach was ganz Besonderes, was hoffentlich noch lange in dieser Form stattfinden wird!