Vor sieben Jahren war ich schonmal beim Sziget-Festival in Ungarn. Damals noch so, wie es sich eigentlich für Festivals gehört – sprich 10 Stunden Busfahrt und dann zelten und im Dreck leben.
Diesmal habe ich mich für die komfortablere Variante entschieden: Flug (direkt aus Norwegen, wo ich vorher Urlaub gemacht habe – wie erwartet in illustrer Gesellschaft *g*) und Hotel, zusammen mit einer Freundin. Das war doch mal deutlich angenehmer. =;-) Und auch wenn ich auch letztes Mal schon viel von der Stadt gesehen habe – diesmal waren wir einfach “näher” an der Stadt dran und daher war es diesmal eher ein Stadturlaub mit Festival als ein Festival mit Ausflügen in die Stadt. Es hat mich überhaupt nicht gestört, abends noch ins Hotel zurück zu müssen. OK, die Lauferei von der Bahn aus war etwas nervig, aber hey – so ein Bett und eine Dusche entschädigen für einiges! =;-)
Das Festival an sich hat sich ziemlich verändert: Es ist viel internationaler geworden. Während man 2000 mit Englisch völlig verloren war und am Essensstand irgendwelche unaussprechlichen und völlig unverständlichen Worte ablesen mußte und dabei hoffen, daß man jetzt nicht gerade Gurken mit Schokoeis bestellt hat (wobei… Schokoeis! *gg*), kam man mit Englisch diesmal problemlos durch, und alle Stände hatten Auslagen, auf die man draufzeigen konnte. Und überhaupt wurde man diesmal nicht nur blöd angeguckt, wenn man auf unverständliche ungarische Ansprachen nur die Schultern zucken konnte. Aber natürlich ist nicht alles besser geworden – das Gelände ist mittlerweile noch weitläufiger als vor sieben Jahren (und für die Klugscheißer, die jetzt fragen “ach, ist die Insel größer geworden???” – nein, natürlich nicht, aber damals gehörte ein Teil der Insel nicht zum Festivalgelände), sprich noch längere Wege. Und mehr Leute sind auch da, man kommt also auf den Wegen gar nicht durch. Machte aber nichts, irgendwann hatten wir die Geheimgänge raus und kamen sogar bei den Headlinern noch in Bühnennähe – perfekt! Was mir allerdings noch negativ aufgefallen ist, war die Tatsache, daß das Festival mehr und mehr von “Nicht-Ungarn” übernommen wird. Waren wir paar Deutschen damals noch die Ausnahme, so hört man mittlerweile mehr Deutsch und Französisch als Ungarisch… Und insbesondere bei den deutschen Bands fühlte man sich so ein bißchen wie in einer deutschen Kolonie auf Malle. Aber klar. Wenn Internationalisierung, dann kommen natürlich auch die Ausländer. Bei den billigen Preisen sowieso (auf dem Festivalgelände kostete ein komplettes Menü ungefähr so viel wie ein Eisbecher in der Stadt…). Und ich darf ja eh nicht meckern, ich war ja selbst so ‘ne doofe Deutsche. =;-)
Nun aber zum eigentlichen Festival. Am ersten Tag spielten u.a. Mando Diao und Manu Chao. Bei Mando Diao kamen wir allerdings erst aufs Gelände und verpaßten daher den Anfang – sie haben diesmal aber mal wieder ziemlich Spaß gemacht. Ich bin bei denen immer sehr zwiegespalten – manchmal finde ich sie total klasse, manchmal einfach nur völlig uninteressant. Diesmal waren sie klasse, aber wir standen eher weit weg, ich hätte also genauso gut eine CD anhören können. Nach ihrem Auftritt erkundeten wir erstmal das Gelände und testeten das Essen. Als wir dann zu Manu Chao an die Hauptbühne zurückkamen, war da absolut kein Durchkommen mehr, und es war völlig unmöglich, sich einen brauchbaren Standpunkt zu suchen, wo man sowohl irgendwas sehen konnte als auch nicht ständig umgerannt wurde… =:-( Aüßerst schade. Denn Manu Chao kannte ich zwar nicht weiter, aber die Musik hat mir sehr gefallen. Der Auftritt insgesamt leider nicht, da ich es hasse, ständig nur angerannt zu werden und nichts zu sehen… *seufz* Danach ging’s noch kurz zu UNKLE ins Zelt, aber die fand ich uninteressant.
Am nächsten Tag ging es recht früh aufs Gelände. Schließlich spielten an dem Tag Kaizers, und na ja – nachdem ich letztes Mal den Ärzte-Soundcheck verpaßt hatte, wollte ich diesmal vorsichtshalber kein Risiko eingehen. War allerdings völlig unbegründet, denn während 2000 immer noch einige ungarische Bands auf der Hauptbühne vor den internationalen Bands gespielt haben, waren Kaizers diesmal wirklich die allererste Band – und daher auch die letzte beim Soundcheck. Wir konnten uns aber so schön die Stände angucken und uns mit Süßigkeiten eindecken. Auch nicht übel! =;-) ‘Ne Stunde oder so vor dem Kaizersauftritt fanden wir uns dann vor der Bühne ein, wo die ersten anderthalb Reihen schon mit Kaizerfans aus aller Herren Länder belagert waren. Dann gab es einen Regenguß, einen sehr knappen Soundcheck, und dann ein wundervolles Kaizerskonzert, zu dem es hier einen ausführlichen Bericht gibt. Danach suchten wir uns erstmal wieder was zu essen, bevor die Welt unterging… =;-) Innerhalb von 10 Minuten kam offenbar der gesamte Regen des letzten Monats runter. Wir hatten uns zum Glück vorher untergestellt, so daß wir nur nachher nasse Füße bekamen, aber es war schon irgendwie eindrucksvoll. *g* Und das Gelände stand natürlich komplett unter Wasser danach – aber hier ein dickes Lob an die Organisatoren: Sie schafften es problemlos, den Schlamm abzutragen und mit Sand abzustreuen. Das hab ich bei anderen Festivals noch nicht erlebt, dort muß man halt damit rechnen, durch Schlamm zu waten, wenn es anfängt zu regnen.
Mit Ausnahme von Kaizers war an diesem Tag das Programm nicht allzu berauschend – Gentleman war nicht mein Ding (außerdem regnete es *g*), The Good, The Bad & The Queen klangen vielversprechend, aber wir waren mal wieder viel zu weit weg und es war unmöglich, sich wirklich aufs Konzert zu konzentrieren, Chemical Brothers interessierten mich überhaupt nicht und an der World Music Stage war zwar alles ganz interessant, aber auch viel zu voll.
Aber das Problem des “zu voll” löste sich dann am nächsten Tag, als wir den “Geheimweg” an die linke Bühnenseite entdeckten, wo man auch kurz vorm Headliner noch schön weit nach vorne kam. Hey, was will man mehr?! Zu Gogol Bordello kamen wir leider zu spät, und ich war irgendwie noch zu gehetzt, um das Konzert richtig genießen zu können. Spaß gemacht hat es trotzdem! Danach gab’s dann ganz ruhig MauMau an der World Music Stage, wo ich auch gleich blieb, weil ich mir die Skatalites angucken wollte und erst gegen Ende zur Hauptbühne zu Pink gehen. Hmm. Die Skatalites fand ich allerdings stinklangweilig. Sehr seltsam, normalerweise mag ich ja Ska-Bands… aber da passierte einfach nichts! Die Ansagen waren völlig unverständlich, und um mich rum wurde gekifft wie blöd. Na gut, so hatte ich immerhin nicht das Gefühl, irgendwas zu verpassen, als ich mich auf den Weg zu Pink machte. Allerdings fragte ich mich unterwegs dann doch, wie diese Massenwanderungen von der Main Stage zur World Music Stage zustande kamen. Hatte Pink etwa abgesagt?!? Nöö, hatte sie nicht. Ich konnte mich aber problemlos nach halbwegs vorne durchschlagen. War aber nicht wirklich nötig – zwar mag ich die Musik von Pink, aber was war das denn bitte schön live? Sowas von energielos und geschauspielert… Ich hab ihr nichts von dem, was sie gemacht hat, auch nur halbwegs abgenommen. Das war Fake von Anfang bis Ende. Soviel zum Thema Energiebündel auf der Bühne… Das war also eine echte Enttäuschung.
Die hielt aber nicht lange an, denn danach kamen Madness. Ich machte mich auf den Weg etwas weiter nach vorne – und dann war da diese schöne verlockende Lücke in der ersten Reihe… *gg* Sprich: Super Sicht, super Stimmung und ein sehr bequemer Stehplatz. Äh ja, und ein absolut geniales Konzert! Die hatte ich ja vorher noch nie live gesehen (genauer gesagt hatte ich mich bis vor kurzem nie weiter mit ihnen beschäftigt!), aber sie zogen eine absolut professionelle Show ab. Absolut energievoll, glaubwürdig und abwechslungsreich. Hach!
Als Abschluß wollten wir dann noch ins Romazelt zu einer Klezmer-Band, aber da war absolut kein Durchkommen. Sehr schade. Also machten wir uns auf den Rückweg, wo wir dann auf dem Kilometer Heimweg von der Bahn schonmal schön geduscht wurden… *grmbl* Ein doofes Ende für einen sehr tollen Tag.
Am nächsten Tag war dann erstmal große Budapest-Besichtigung angesagt. Ich bin dann noch kurz zu den Hives, fand die auch ganz gut, aber so ganz begeistern konnten sie mich dieses Mal nicht. Danach ging’s nochmal zurück ins Hotel, und abends waren dann Nine Inch Nails als Headliner auf der Bühne. Und wow – ich kenne die ja quasi nur live, aber da hauen sie mich jedesmal absolut um. Auch wenn sie diesmal meiner Meinung nach den Schweinemarsch komplett versemmelt haben (der hat mich die letzten Male immer so beeindruckt, und diesmal haben sie nicht einen Refrain halbwegs verständlich gesungen). Aber insgesamt war die Show echt klasse, mit runterfahrbarer Leuchtwand, wo sie mal vornedran, mal hintendran standen. Und insgesamt super Lightshow. Nur Wasserflaschen wurden diesmal keine geschmissen. *gg*
Der Sonntag war für mich dann völlig uninteressant – was ich aber vorher schon wußte. Los ging’s mit Sineas O’Connor, die ich aber absolut stinklangweilig fand. Daher verschwand ich recht schnell und vertrieb mir die Zeit an der Talentbühne und der World Music Stage. Eddie Palmieri fand ich nicht übel, aber auch nicht super spannend. Zu Faithless bin ich dann nochmal rüber an die Hauptbühne, fand es aber grausam und bin stattdessen wieder auf Wanderung gegangen – erstmal hab ich dann endlich das Hare-Krishna-Zelt und die E-Gitarre spielenden Mönche gefunden. Und danach dann das Schokoladenzelt mit der ersten echten Punk-Band des Festivals! Die waren auch nicht übel, allerdings hatten sie irgendwie alle Frauenkleider an und das zweite Lied, nachdem ich reinkam, war eine Punkversion von Jingle Bells… *rofl*
Nun ja, den eher chaotischen Festivaltag ließen wir dann im Arany Aszok-Zelt (frei übersetzt: Bierzelt *g*) bei einer ungarischen Band ausklingen, die gar nicht mal so übel war, wo wir aber leider viel zu weit weg waren, um irgendwas anderes als nur die Musik mitzukriegen.
Den nächsten Tag eröffneten die Sportfreunde Stiller auf der Hauptbühne. Der Auftritt war echt klasse – allerdings erschreckte es mich schon ein bißchen zu sehen, wie viele Deutsche auf dem Festival waren… Das machte das Konzert aber nicht weniger lustig, die Rüdiger-Seite war der FC-Bayern-Schwein-Seite um Längen unterlegen, und auch wenn die drei eigentlich viel zu viele neue Lieder spielten, kamen alle einfach super an. Ach ja, und die Sonne ließ sich mittlerweile auch regelmäßig wieder blicken. Nach den Sportfreunden spielten !!!, die irgendwie seltsam waren. Die Musik war nett, auf der Bühne passierte aber irgendwie nichts, und ich weiß nicht, ob von der Musik bei mir irgendwas hängengeblieben ist. Ich ordnete sie automatisch in die Kategorie “Phoenix” ein – sprich, irgendwie tolle Band, die man eventuell mal liebgewinnen könnte, die aber erstmal absolut nichtssagend ist. Weiter ging’s dann an der World Music Stage mit Mari Boine, die wir uns ja angucken mußten, da sie Norwegerin ist, die ich aber eher furchtbar fand, ehrlich gesagt. Aber ich hab durchgehalten. *gg* Im Gegensatz zum Tool-Konzert, da sind wir sehr schnell verschwunden, nachdem wir nicht rausgekriegt haben, wer da überhaupt singt. Und unsichtbare Sänger müssen ja nu wirklich nicht sein. =;-)
Am letzten Tag mußten wir wieder pünktlich am Gelände sein, da diesmal Eagles of Death Metal auf der Hauptbühne eröffneten. Und die sind ja schon nicht übel… =;-) Allerdings fingen sie ohne Ankündigung mehr als ‘ne halbe Stunde zu spät an, und so ganz wollte der Funke diesmal nicht überspringen. Also, zumindest nicht auf mich. Es war ein solider Auftritt, das Publikum feierte, aber mir kam alles irgendwie zu sehr geschauspielert und zu wenig echt vor. Aber nein, ich were Jesse jetzt nicht mit Pink vergleichen. *hüstel* Chris Cornell hatte abgesagt, also ging es nach ein bißchen rumgammeln zur Talentbühne, wo Itchy Poopzkid spielen sollten. Der Platz füllte sich immer mehr, überall Leute in T-Shirts deutscher Bands – aber keine Poopzkids weit und breit. Auf der Bühne bauten völlig unbekannte Leute auf (“Äh, warum stellen die das Mikro in die Mitte, da steht doch gar keiner!”). Dabei hatte es doch eben noch eine ungarische Ansage gegeben, in der Itchy Poopzkid erwähnt worden waren? Das ganze löste sich dann auf, als es auch eine _englische_ Ansage gab – Itchy Poopzkid hatten abgesagt, als Ersatz spielt eine italienische Band. Und schlagartig leerte sich der Platz vor der Bühne… =:-( Und ich hab vor lauter “häh, moment” verpennt, daß ich ja eigentlich direkt nach dem Auftritt rüber zu Leningrad rennen wollte. Die hätte ich also fast komplett sehen können, aber nein, grr. Die letzten paar Lieder waren aber durchaus lustig. Prolls auf der Bühne und lustige Musik.
Zum Abschluß gab’s dann noch Värttinä, die gar nicht mal so übel waren. Mittendrin lief ich mal noch zur Hauptbühne rüber, um auch was von den Killers mitzukriegen (die ich im Übrigen mit den Kooks verwechselt hatte, Asche aufs Haupt *hüstel*). Die gefielen mir auch sehr gut, waren aber leider gerade fertig, da sie wohl offenbar früher angefangen hatten. Hätte man ja auch mal ankündigen können. *grmbl* Also zurück zu Värttinä, dann noch kurz ins Roma-Zelt und ins Arany Aszok-Zelt, wo es aber nichts berühmtes zu hören gab.
Und schon war das Festival vorbei – und entgegen aller Befürchtungen: Das war nicht mein letztes Sziget. Denn es war größtenteils echt toll, auch wenn das Wetter nicht so ganz mitgespielt hat und es durchaus ein paar uninteressante Tage gab. Aber die Stimmung ist immer noch toll, das Publikum ist noch nicht so nervig wie bei manch anderem großen Festival, und die Preise sind einfach absolut unschlagbar!