Der kleine Bruder vom Taubertal Openair. Die Bands sind ähnlich, aber das Festival ist kleiner, die Organisation ein bißchen weniger professionell (aber im positiven Sinne!), und – der riesige Vorteil – insgesamt gibt es ein paar weniger Bands. Mit dem Resultat, daß man nichts verpassen muß. Theoretisch kann man von Anfang bis Ende jeden einzelnen Künstler sehen – und das ist toll. Und selbst, wenn man irgendwo unbedingt in die erste Reihe möchte – man sieht dann zwar die andere Bühne nur bedingt, aber man bekommt alles mit. Und das hab ich so noch bei keinem anderen Festival erlebt.
Wie man vielleicht schon erahnt – ich bin mal wieder begeistert. Wie letztes Jahr auch schon. OK, das Publikum ist sehr gemischt: sehr viele kleine Kinder, aber auch Eltern, die “nur mal so gucken” wollen. Beides nicht gerade förderlich für die Stimmung auf Festivals, aber auch kein Problem. Ich fand die Stimmung eigentlich durchgehend sehr gut. Bei den Headlinern wurde es zwar immer recht voll, aber nun ja, das ist verständlich. Und sonst lief alles sehr friedlich ab, fand ich zumindest.
Ich war schon recht früh auf dem Gelände, zwar nicht ganz zu Beginn, aber immerhin zur Band “LebensWeGe” aus Köln/Bonn. Hatte ich vorher noch nie was von gehört, aber sie waren durchaus ganz nett. Leider schlecht abgemischt, so daß man keine Texte verstehen konnte. Danach ging es dann weiter mit Olli Schulz (bzw., mittendrin kam noch eine Band, die ich eher unspektakulär fand, also ging’s für mich zuerst nochmal kurz ans Auto). Den hab ich bisher einmal gesehen, da war er klasse. Diesmal auch, und ich kannte einige der Lieder noch, was natürlich immer ein gutes Zeichen ist! Ein bißchen nervig waren die Kinder am Anfang, die mit dieser Art von Musik & Humor nichts anfangen konnten, aber die nahmen sich dann auch recht schnell zusammen, und es wurde sehr lustig.
Nach Olli Schulz ging es dann rüber zur kleinen Bühne, wo ich zum ersten Mal an dem Wochenende ganz auf Groupie machen mußte und mich schon ‘ne gute Stunde vorher in die erste Reihe gepflanzt habe – ok, hing teilweise auch damit zusammen, daß ich die Zeiten falsch im Kopf hatte und dachte, La Vela Puerca spielten schon eine halbe Stunde eher, aber nun ja. Auf jeden Fall hatte es sich gelohnt, sich nach vorne zu stellen, denn beim Konzert ging es dann richtig rund. Innerhalb von ein paar Minuten tanzte der ganze Platz. Und fing mittendrin mit “La Vela Puerca”-Rufen an – was die Band kollektiv rot anlaufen ließ und völlig sprachlos machte. Hach, schön. Sie fühlten sich “wie zu Hause”. =:-)
Übrigens, nachdem ich beim Bericht vom Fest so über die Secuity gewettert habe – hier ein GANZ dickes Lob. Von Anfang bis Ende haben die tolle Arbeit geleistet. Und hatten nebenbei noch Spaß daran, oder haben zumindest den Anschein erweckt. Echt klasse, vielen Dank für die tolle Arbeit!
Nachdem La Vela Puerca dann völlig gerührt die Bühne geräumt hatten, mußte ich so schnell wie möglich rüber zur Hauptbühne und zu Tomte. Zum Glück war es noch früh genug, und der Weg nach halbwegs vorne war frei, juchhe! Und nachdem es bei Olli Schulz noch ein bißchen geregnet hatte (was natürlich ein superteurer Spezialeffekt war, was auch sonst!), kam bei Tomte dann langsam und vorsichtig die Sonne raus. Schöööön. Und Thees versprach uns, wenn er 500 Euro geben könnte, dann würde er dafür sorgen, daß das Wetter auch das ganze Festival über gut bleibt. Der Satz ist zwar logisch falsch, aber er hat scheinbar gewirkt. =;-) Zum Tomte-Konzert gibt’s nicht viel weiter zu sagen – toll natürlich. Auch wenn die Ansagen etwas wirr waren. *g* Aber wenn hinter den Häusern die Sonne untergeht und Tomte auf der Bühne stehen und singen: “Das ist nicht die Sonne die untergeht, sondern die Erde die sich dreht…” – das ist einfach nur wunderschön.
Danach spielten die Donots, aber ich brauchte mal kurz ‘ne Pause und was zu essen – daher hab ich ihren Auftritt leider nur aus der Ferne mitbekommen. Hat mich im Nachhinein ein bißchen geärgert, denn es wirkte schon sehr mitreißend, selbst von ganz hinten. Die Bloodhound Gang _wollte_ ich mir dann von weiter weg angucken, denn man weiß ja, zu was die auf der Bühne so alles fähig sind. Aber eigentlich wollte ich vorher auch noch zur Autogrammstunde von Tomte, die wurde aber erst verschoben und dann abgesagt. *grmbl* Frechheit, das! Und daher hatte ich dann bei der Bloodhound Gang einen absolut miserablen Platz – und kurz gesagt, sie haben mir nicht wirklich gefallen. Die habe ich schon in sehr viel besserer Form gesehen. Und was das sollte, daß sie erst das Publikum dazu gebracht haben, die Nationalhymne zu singen, und danach wild anfingen mit “Fuck Austria! Fuck Switzerland! Fuck the USA! Fuck Canada!” – hallo?!? Na ja, jeder wie er will. Ich fand es ziemlich bescheuert. Und sie hatten auch keinen guten Auftritt, der alles wieder rausgerissen hätte.
Im Anschluß spielten dann die Monsters of Liedermaching, wie schon letztes Jahr, und sie waren lustig wie immer – der Auftritt war nur zu kurz. So viele Leute, und so wenig Zeit… aber das Ganze wurde dann im Kleinkunstzelt würdig fortgesetzt von den U-Bahn-Kontrollören in tiefgefrorenen Frauenkleidern. Einfach klasse. Was man nicht alles an Liedern im Hirn drinhat… daß da überhaupt noch irgendwas anderes reinpaßt? =;-)
Den nächsten Tag begann ich dann im Zelt mit einem österreichischen Comedian, dessen Namen mir gerade entfallen ist, der aber richtig gut war. Danach dann die österreichischen Julia auf der Hauptbühne – na ja, war ganz nett, ich würde jetzt sagen “Beatsteaks-Abklatsch”, aber da würde ich wohl einiges unterstellen. Ich fand’s nicht umwerfend. Aber auch nicht schlecht.
Dann The Alpine auf der kleinen Bühne – klasse, hat mir gefallen. Ich kannte zwar nur genau ein Lied, und bei dem wußte ich vorher nicht, daß es von ihnen ist, aber sie haben mich auch vorher schon überzeugt. Und nicht nur, weil sie Skandinavier sind. =;-)
Nach Die Happy, die zwar gut waren, bei denen ich aufgrund des Nieselregens aber so ein bißchen genervt war, ging’s zurück ins Auto, und ich konnte mich nicht aufraffen, zu Culcha Candela wieder auf den Festplatz rauszulaufen. Und zu Millencolin kam ich dann zu spät, was ich aber bereut habe, und ich hab mir glatt vorgenommen, mir von denen mal eine CD anzuschaffen!
Danach gab’s dann noch eine mir bis dato völlig unbekannte Band names “The Marble Index” – die Musik fand ich unspektakulär, aber der Sänger was sympathisch durchgeknallt, also Daumen hoch!
Und Seeed hab ich diesmal noch eine Chance gegeben – aber nein, es ist nicht mein Ding. Ich fand den Auftritt einfach stinklangweilig. Immerhin bin ich diesmal nicht früher gegangen, sondern habe bis zum Ende durchgehalten! =;-) Wo sie dann noch die bekannten Lieder in komischen neuen Versionen gespielt haben, hach, wie originell… und wem soll das gefallen, bitte schön? (Ja, ich weiß, wahrscheinlich allen außer mir. *g*)
Die Platzaktion mit schwebenden Musikern am Kran sparte ich mir dann, wenn auch schweren Herzens, weil ich erstens nicht mehr stehen konnte und zweitens noch ohne größere Probleme ins Kleinkunstzelt reinkommen wollte – DAS hätte ich mir allerdings sparen können. Drei Comedians traten an, und zwei davon waren absolut unlustig. Einer erzählte zwar lustige Sachen, aber so, wie mein Opa Witze erzählt. Nummer zwei war eine furchtbare Schickse, die weder lustige noch interessante Sachen erzählte, und das in einer Stimme, die durch Mark und Bein ging. Nummer drei war aus dem Hunsrück und lustig. =;-) Aber eins aus drei ist einfach keine gute Quote…
Tag Nummer drei fing dann im strahlenden Sonnenschein an – juchhe! Konzerttechnisch ging es los mit Massendefekt. Und na ja, nein, Daumen runter. Die Musik war zwar okay, und ich mußte ein paar Mal an die Hosen denken, aber sobald sie ein Cover gespielt haben (und das haben sie ständig), konnte man merken, daß sie es einfach nicht draufhaben. Man sollte als Sänger schon ansatzweise die Töne treffen, damit man auch erkennen kann, WAS da gecovert wird. Mein Urteil war von Anfang an “Wannabes”, und auch wenn es gegen Ende besser wurde – nein. Hat mir nicht gefallen.
Danach war ich wieder im Zelt, ein holländischer Comedian, sehr lustig. Christina Stürmer hörte ich mir dann aus der Ferne an, die sagte mir gar nichts. Nun ja, ganz nette Musik, aber nicht mehr. The Boss Hoss dagegen waren absolut klasse, der ganze Platz tanzte! Allerdings war ich sehr schnell etwas davon abgelenkt, daß der Gitarrist einem gewissen Norweger zum Verwechseln ähnlich sah – okay, bis auf die Haarlänge, die Tattoos, die Zigarette im Mund und die Tatsache, daß er im Unterhemd über die Bühne hüpfte. Nun ja, Evil Twin halt. Aber es hat mich echt tierisch irritiert, muß ich zugeben. =;-)
Nach ‘nem kurzen Abstecher zum Auto mußte ich dann den zweiten Groupie-Part des Festivals hinter mich bringen und mich bei den Schröders in die erste Reihe stellen – die waren zum Glück vorverlegt worden, so daß ich beim Anstehen nur Revolverheld “verpaßte” und nicht Turbonegro! Verpassen in Anführungszeichen nicht deshalb, weil man da ja “eh nichts verpaßt” oder so, sondern eben deshalb, weil ich von der ersten Reihe aus sogar teilweise das Konzert _sehen_ konnte. Und hören sowieso. Und ich fand es gut, hätte es mir auch gerne von näher angeguckt, aber ich durfte das Gitter leider nicht mitnehmen. *gg*
War aber kein Problem, “Freunde bleiben” gab es dann ganz einfach in Stereo – einmal von der großen Bühne in “echt”, einmal von der kleinen beim Schröders-Soundcheck. Die Schröders haben mehr Applaus gekriegt! (Na gut, vor der kleinen Bühne zumindest. *g*)
Das Schröders-Konzert war dann ziemlich extrem – extrem eng und quetschig, extrem viele Crowdsurfer, und extrem kleine Kinder um mich rum. =:-/ Aber gut war’s trotzdem, und gelohnt hat es sich auf jeden Fall, da vorne zu stehen. Wobei ich die Schröders schon in besserer Form erlebt habe. Oder das Publikum in besserer Stimmung, keine Ahnung. Es war also noch ein bißchen Raum für Verbesserungen. Aber klasse war’s auch so!
Danach dann wieder im Laufschritt rüber zur Hauptbühne zu Turbonegro – und offenbar waren schon einige abgereist, so daß ich problemlos in die dritte/vierte Reihe vormarschieren konnte! Und das war perfekt, gute Stimmung, aber kaum Gedrängel. Nur wie das halbe Bier in meine Haare gekommen ist, wüßte ich doch mal gern… *grmbl* Der Auftritt war dann viel zu kurz, aber wahnsinnig toll, und super Sicht und super Show und überhaupt. Ein toller Abschluß für ein absolut gelungenes Festival!
Fazit: Sofern die Bands einigermaßen stimmen, bin ich nächstes Jahr wieder dabei. Allerdings ist das Besondere an dem Festival, daß es so klein und “sympathisch” ist – daß also das “Flair” stimmt. Und ich fürchte, das wird nicht mehr allzu lange so bleiben. Ich geb dem Festival noch ein, zwei Jahre, und dann wird es genauso anonym und doof wie andere Festivals. Genau, wie es auch mit dem Taubertal passiert ist. Und da können die Veranstalter nichts dafür – aber tolle Festivals werden nunmal irgendwann bekannt (man WILL es ja auch nicht vermeiden), und je bekannter, desto mehr Leute, desto mehr Chaoten, und irgendwann ist es kaputt. Echt schade, und ich trauere jetzt schon um das Open Flair. Aber vielleicht male ich ja auch schwarz – das hoffe ich sehr sehr stark!
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